Partizip 1 (2009-2012)


Nationenbildung und Demokratie . Die Auseinandersetzung um Partizipation in Luxemburg von der Französischen Revolution bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges (1789-1940)

Nicht erst seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchlief die luxemburgische Gesellschaft Transformationsprozesse, die von Neuorientierungen der Wirtschaft und einer starken Zuwanderung geprägt waren. Neue Bevölkerungsteile trafen auf eine Bevölkerung, deren Identität sich spätestens während des Krieges und im Verlauf der Nachkriegsjahre als eigenes Nationalbewusstsein ausgeformt hatte. Partielle Anpassung und Integration der Immigranten, starke politisch-kulturelle Nationsbildungsprozesse der ursprünglichen Bevölkerung, Vielfalt und Abgrenzung der verschiedenen Teile der Gesamtgesellschaft: eine derartige Situation ist typisch für Einwanderungsgesellschaften. Bereits lange vor die luxemburgische Staatswerdung in den Jahren 1814-1839 reichen Prozesse zurück, die die Gesellschaft dieses Landes ähnlich tiefgreifenden Wandlungen unterwarfen. Diese waren nicht nur mit horizontaler und vertikaler Mobilität der Bevölkerung, mit grundlegenden Umwälzungen der Agrarwirtschaft im Zuge der Erneuerung von Agrar- und Industrieproduktion verbunden, sondern auch mit dem Wandel der rechtlichen Rahmenbedingungen des gesellschaftlichen Lebens.
Hier spielten zum einen die zahlreichen politischen Wechsel eine maßgebliche Rolle: die temporäre Zugehörigkeit des Landes zu Habsburg, Frankreich und den Vereinigten Niederlanden sowie die Eingliederung im Deutschen Bund und Deutschen Zollverein, die gefährdete Souveränität seit 1839, die deutsche Besatzung im Ersten Weltkrieg, die Neuorientierung in der Zwischenkriegszeit, der
erneute deutsche Überfall und die sogenannte deutsche ‘Zivilverwaltung’ Luxemburgs im Zweiten Weltkrieg sowie Befreiung und Neuanfang nach dem Ende des ‘Katastrophen-Zeitalters’. Erhebliche Einflüsse auf Politik und Rechtsordnung des Landes gingen aber auch von wichtigen gesellschaftlichen Organisationsformen aus, wie Vereine, Verbände und Parteien, sowie von der tendenziellen Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten immer größerer Teile der Gesamtgesellschaft am politischen Leben des Landes.
Die Erforschung des Zusammenhangs von gelegentlich revolutionär vollzogenem gesellschaftlichem Wandel, wachsender politischer Partizipation, Entfaltung der Demokratie und Nationsbildung in Luxemburg war das Ziel dieses Projektes.